Ich wollte nie Tätowiererin werden

Am Morgen meines allerersten Termins war mir unfassbar übel und ich war in meinem Leben selten so aufgeregt. Das hielt dann an bis die erste Linie gezogen war und ich dachte: Okay, das macht SO viel Spaß! 😱

Aber fangen wir ein bisschen weiter vorne an.

Lenas erstes Tattoo

Ihr wisst nicht, wie aufgeregt ich war ...

Tatsächlich hatte ich - bis ich 21 war - nie den Traum, Tätowiererin zu werden. Kein einziges Mal darüber nachgedacht, wie es wohl wäre, ein eigenes Studio zu besitzen, selbstständig zu sein, meine Bilder, die ich schon malte seitdem ich klein war, einmal auf Menschen zu verewigen.

Erfolg geht nur mit Studium!?

Ich konnte mir sowohl eine handwerkliche Ausbildung als auch ein Studium im kreativen Bereich vorstellen. Ehrlich gesagt, lag auf Letzterem recht viel Druck. Gar nicht von meiner Familie ausgehend, sondern viel mehr durch Lehrkräfte am Gymnasium, die eine handwerkliche Ausbildung quasi im vornherein ausschlossen. Wenn ihr erfolgreich im Leben sein wollt, müsst ihr auf jeden Fall studieren.

Das taten dann auch die meisten in meinem damaligen Umfeld, nur ich wusste nicht so recht wohin mit mir. Wollte nichts halbherzig anfangen um es dann wieder hinzuschmeißen.

Kopf frei in Kanada

Also dachte ich, ich nehm' all mein Erspartes, gehe erst einmal einige Monate nach Kanada und arbeite dort auf einer kleinen Farm, um den Kopf frei zu bekommen und meine berufliche Erleuchtung zu finden. Die Zeit in Kanada war unfassbar toll, die Erleuchtung blieb leider aus. Ich habe dann anschließend einige Zeit im Kino gejobbt und war immer noch genau so planlos wie vorher.

Irgendwann unterhielt ich mich mit einem guten Freund, der mir erzählte, dass das Tattoostudio, zu dem er damals regelmäßig ging, um sich tätowieren zu lassen, einen Ausbildungsplatz zu vergeben hatte und dass das doch vielleicht auch was für mich wäre. Ich dachte kurz darüber nach und hab mich am selben Abend noch an meine Bewerbung inklusive Bildermappe gesetzt.

Ihr findet mich dann mal irgendwo zwischen Stolz und Scham

Das erste Mal im Tattoostudio

Natürlich war ich komplett aufgeregt, als ich dann das erste Mal in meinem Leben ein Tattoostudio betrat und fühlte mich ein bisschen fehl am Platz. Ich hatte vorher noch nicht einmal darüber nachgedacht, mich selbst tätowieren zu lassen, hatte keinerlei Berührungspunkte mit dieser Szene. Abgesehen vom Zeichnen. Und anscheinend konnte meine Mappe überzeugen, denn einen Tag später kam die Zusage, dass ich die Ausbildung anfangen könne.

Man muss an dieser Stelle sagen, dass das Tätowieren kein Beruf ist, der staatlich anerkannt ist und keine Ausbildung erforderlich ist, um in diesem Bereich arbeiten zu dürfen. Das ist aber ein komplexeres Thema, auf das ich in einem der nächsten Beiträge mehr eingehen werde.

Meine Aufgaben waren zunächst:

  • Kundenbetreuung,

  • Beratungsgespräche zu Wunschmotiven,

  • Erstellen von Tattoovorlagen,

  • Reinigung der Arbeitsplätze,

  • Anrufe entgegennehmen und Bestellungen tätigen

  • Verkauf von Gutscheinen und Piercingschmuck und nach einiger Zeit auch das Piercen selbst. Das hat mich erst viel Überwindung gekostet, aber mit der Routine kam auch die Sicherheit und der Spaß hinzu.

“Okay, das macht SO viel Spaß!”

Nach einem Jahr durfte ich dann mein erstes Tattoo stechen. Ich hatte in der Zwischenzeit einige Male auf Kunsthaut aus Silikon geübt, häufig bei den anderen Tätowierer*innen zugeschaut und viel über die Handhabung der Maschinen, Farben und hygienisches Arbeiten gelernt.

An dem Morgen meines ersten Termins war mir unfassbar übel und ich war in meinem Leben selten so aufgeregt. Das hielt dann an bis die erste Linie gezogen war und ich dachte: Okay, das macht SO viel Spaß!

Und nach diesem Termin habe ich realisiert, dass ich endlich etwas gefunden hatte, bei dem ich mir vorstellen konnte, es für eine sehr sehr lange Zeit zu machen. 🧡

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Tattoo-Pflege: So bleibt dein Tattoo lange schön